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Das Anthropozän – oder doch das Plastikozän?

Ein neues geologisches Zeitalter ist angebrochen: das Anthropozän. Das bedeutet, dass der Mensch jedes Jahr mehr Gestein bewegt als Tektonik, Vulkane oder sonst eine natürliche Kraft. Allein im Städte- und Straßenbau sind es mittlerweile 8 Mrd. m³ Beton pro Jahr, also 1 Kubikmeter pro Mensch und Jahr, die verbraucht werden.Die Wissenschaftler streiten noch, seit wann genau dieses Zeitalter erreicht ist, denn auch andere Faktoren spielen eine Rolle: die Produktion von Treibhausgasen ist v.a. seit der industriellen Revolution, als der Mensch mit der Verbrennung von Fossilien in nennenswertem Umfang begann, relevant;  Radioaktivität findet sich im Packeis der Arktis, seit 1945 mit Atomtests begonnen wurde; auch viele Veränderungen landschaftlicher Natur, die Vernichtung von Lebewesen und Lebensräumen bis hin zur Übersäuerung der Ozeane gehen auf das Konto des Menschen.Fast noch bedenklicher ist, dass der Mensch von unterschiedlichen Kunststoffen bis hin zu hochreinem Silizium aus Halbleitern diverse Verbindungen in Umlauf bringt, die in der Natur nicht vorkommen. Viele davon reichern sich an: in Vogelnestern, Muschelfiltern, Fischbäuchen… und da zahlreiche Kunststoffe gleichzeitig auch Schadstoffe an sich binden, gelangen diese über die Nahrungskette dann wieder in unseren Körper. Auch die menschliche Landschaftsprägung durch Monokulturen ist „unnatürlich“, und da Genmanipulationen zunehmend aussehen wie natürliche Mutationen, wird hier künftig eine Vermischung mit dem natürlichen Genpool stattfinden, die nicht rückgängig gemacht werden kann. Ganz schön viel Verantwortung – ob wir immer wissen, was wir da tun?Blue Economy ist regelmäßig in Gesprächen auch mit Konzernen, die diese Prozesse mit prägen und lenken. Leider kommt unsere Botschaft nicht immer an: um z.B. Urban Farming Systeme in unterschiedlichen klimatischen Bedingungen umzusetzen, und das „so low-tech wie möglich“, braucht es alte Sorten, die sich an ihre Umgebung anpassen und auch mal mit Schwankungen im Nährstoffangebot umgehen können, keine sensiblen „Rennpferde“ (Saatgut) die nur zusammen mit dem (vom gleichen Konzern bereitgestellten) idealen Mix an Kunstdünger und Pestiziden gute Erträge bringen. Plastik in Kleidung wie auch Kosmetik ist langfristig gesehen oft schlimmer als der Verzicht auf tierische Produkte – ohne deren „Abfälle“ die meisten Ökosysteme gar nicht funktionieren, die wir daher sehr gerne in unsere kaskadierenden Wertschöpfungen einbauen.Überhaupt: wenn man intelligent kaskadiert, sind nachhaltige Systeme hochgradig konkurrenzfähig und eben nicht teurer als konventionelles Wirtschaften. Für ein systemisches Verständnis braucht es wohl noch viiiiiel Bildungsarbeit – und noch viel mehr gute Beispiele für eine profitable Umsetzung ‚blauer‘ Geschäftsmodelle. Bildnachweis: aktuelles Plakat des Deutschen Museum, München

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Die Verantwortung der Freiheit

Immer wieder bin ich erstaunt, wie unkritisch viele Medien über neue Ideen und deren Vordenker berichten. Regelmäßig liest man von irren Heldentaten, von Tausenden gegründeter Unternehmen, von Millionen geschaffener Jobs, Milliarden mobilisierter Gelder; von weltweiten Netzwerken, die schon seit Jahrzehnten die Welt verbessern; von der Demut, mit der all dies geschehe. Die Welt wird munter in schwarz-weiß geteilt: dort die bösen Konzerne, die prinzipiell alles falsch machen und mutwillig nur auf Profit ausseien – hier die prophetenhaften Kämpfer für das Gute. Egal, was diese Leute behaupten, es wird abgedruckt, ohne zu hinterfragen. Das Gegenteil gibt es natürlich auch: wenn ein einstiger Held erstmal vogelfrei erklärt wird, gibt es in die andere Richtung kein Halten mehr. Verantwortung für die Folgen übernimmt niemand. In der Wissenschaft nennt man das „halo-effect“: die Glaubwürdigkeit einer (ebenfalls nicht hinterfragten) Historie von Erfolgen und Siegen im Kampf von Gut gegen Böse wird auf das heute Erzählte und Publizierte übertragen. Dabei bleibt jedweder Grundsatz von journalistischem Anspruch leider auf der Strecke. Das hat schon zu dem ein oder anderen Skandal geführt, etwa als sich herausstellte, dass Human Rights Watch dem Staat Israel Kriegsverbrechen vorwarf – die Palästinenser jedoch zu unschuldigen Opfern stilisierte, und die Presse es reihenweise genauso abdruckte, ohne die Qualität der Quelle zu überprüfen. Oder als Karriere und Privatleben unseres mittlerweile ehemaligen Bundespräsidenten ruiniert wurden – obwohl das spätere Gerichtsurteil „nicht schuldig“ lautete. Daraus gelernt hat scheinbar niemand.Natürlich ist es schon immer so gewesen, dass Menschen mit einer attraktiven Ausstrahlung mehr Gehör und Glauben geschenkt wird als den Unbeholfenen. Aber ich war immer der Überzeugung, dass Journalisten ihren Beruf ergreifen, um dieser Übermacht und Unausgewogenheit entgegen zu wirken und einem differenzierteren Bild, der vermeintlichen „Wahrheit“, Raum zu schaffen. Ich hoffe sehr, dass gerade die Angriffe auf unsere Pressefreiheit in den letzten Wochen auch dazu führen, dass sich so mancher Reporter wieder seiner ursprünglichen Ideale besinnt; und dass die Journaille insgesamt wieder vermehrt der Verantwortung steht, die diese Freiheit automatisch mit sich bringt. Foto: (c) freeimages-news-1109654-m

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Sind gute Nachrichten eine Nachricht wert?

In der Presse scheint leider mehrheitlich zu gelten: only bad news is good news – zumindest für die Verkaufszahlen der Printauflagen. Wie sonst lässt sich erklären, dass wir ständig nur von Katastrophen, Krisen und Konflikten lesen, während unser alltägliches Erleben überwiegend positiv ist – wie kann dann die Welt ständig am Abgrund stehen? In der ZEIT vom Wochenende war dazu ein mehrseitiger Artikel, der mir aus der Seele sprach.

Der Autor des Artikels, Martin Spiewak, stellt fest, dass die aktuelle Generation von Kindern statistisch nachweislich gesünder, glücklicher und besser ausgebildet ist als jede vor ihr– während sich Bücher über unsere angeblich emotional verwahrlosten, aggressiven und medial abgestumpften Kinder als Bestseller etablieren. Die haargenau gleichen Schlagzeilen standen aber schon in den 50ern in der Zeitung – und vermutlich haben sich bereits die Römer über die junge Generation ‘von heute’ echauffiert.

Auch der schwedische Medizinprofessor Hans Rosling stellt seit vielen Jahren fest, dass unsere Sicht auf den Zustand der Welt viel zu negativ ist, positive Entwicklungen werden kaum wahrgenommen. Egal ob Lebenserwartung, Einkommensverteilung, Geburtenraten oder Alphabetisierung, selbst bei mehreren Antwortmöglichkeiten wählen die meisten Menschen die schlechteste, obwohl oft die beste richtig wäre (Quiz hier!). Dabei muss ich zugeben, dass ich selber häufig daneben lag, obwohl ich mich im Zweifel eher überdurchschnittlich viel mit Themen rund um Armut und Klimawandel beschäftige.

Das heißt ja nicht, dass alles rosig und bestens ist. Aber der Trend ist bedenklich, denn das pauschal-Negative verstellt uns den Blick für die Themen, an denen es tatsächlich noch zu tun gibt – und nimmt Menschen die Motivation, für Veränderung zu kämpfen. Wenn wir uns bewusst machen, wie viel Positives bereits erreicht wurde, trauen wir uns auch zu, neue Dinge anzupacken. Baustellen gibt es schließlich nach wie vor genug!

Ich bin mir sicher: wenn die Presse nur ein wenig ausgewogener berichten würde, wäre der Wandel hin zu einer nachhaltigen, ‘gerechten’ menschlichen Gesellschaft sehr viel schneller zu bewerkstelligen. Wer darauf nicht warten will, packt einfach schonmal mit an.

Foto: (c) freeimages (hands-1434811-2-m-300x)

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Erneuerbare Energien in Kroatien

Kroatien ist ein wunderschönes Land – ganz sicher war ich nicht zum letzten Mal dort. Aber erschreckend: trotz 2.600 Sonnenstunden im Jahr und über 1.200 Inseln mit ständigem Wind habe ich eine einzige kleine PV-Freilandanlage und drei kleine (alte), sich nicht drehende Windräder gesehen. Kroatien hat im Kontext des EU-Beitritts sehr viel für die Umwelt getan, gut 10% der Fläche des Landes stehen unter Naturschutz – sehr zur Freude auch der vielen Besucher. Aber gerade was Energie anbelangt steht das Land wohl noch ganz am Anfang.

Am letzten Tag meines Besuchs wollten wir eigentlich zum Abendessen in eine Pizzeria in der Nähe des Amphitheaters von Pula. Doch wir wurden abgelenkt: die Rainbow Warrior (III) lag im Hafen mit riesigen Menschentrauben davor. Also natürlich nichts wie hin, die letzte englischsprachige Führung ergattern – und während der Wartezeit staunen, dass Solarkocher und PV-Grashüpfer für Kroaten angeblich völliges Neuland sind. Denn Greenpeace macht gerade eine Aufklärungskampagne durch Südeuropa und hat jede Menge “Solarspielzeug” am Kai aufgebaut.

Das Schiff selbst ist wirklich beeindruckend: über 1.300 m² Segelfläche, hochmoderne Steuerung, Heli-Landeplattform samt Garage – plus die Baukosten von über 20 Mio. EUR wurden komplett über crowdfunding gestemmt, und das zu einer Zeit, als der Begriff noch in den Kinderschuhen steckte. Die Diskussionen unter den Besuchern, warum die Besatzung nicht allesamt Veganer oder wenigstens Vegetarier sei, ob man auch wirklich so sellten wie möglich den Motor anschalte, usw. waren ein typisches Spiegelbild der Öko-Szene: vom Hardliner bis zum Pragmatiker war alles dabei.

Wir hoffen jedenfalls, dass der Besuch der Rainbow Warrior zumindest einige Kroaten zum Umdenken animiert, denn bei gerade einmal 4,3 Millionen Einwohnern sollte es doch möglich sein, schon bald Erneuerbare Energien zu exportieren! Die Natur bietet sie jedenfalls im Überfluß.

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Fashion Week goes vegan

In Berlin ist mal wieder Fashion Week, und so haben wir uns in Schale geworfen und sind einer Einladung zur Show von umasan gefolgt, einem veganen Modelabel. Eine tolle Show, sehr künstlerisch und bewegt umgesetzt – und natürlich immer wieder nett, alte Bekannte und neue Kontakte auf solchen Events zu treffen.

Es ist schon erstaunlich, welche Innovationen es teilweise auf dem Markt gibt, um tierische durch pflanzliche Ausgangsmaterialien zu ersetzen – und erfreulich, wenn nicht auf Chemie und Kunststoffe (Erdöl!!) ausgewichen wird. Algen kennen wir ja schon lange, und auch umasan arbeitet mit entsprechenden Algen-Baumwoll-Fasern – hoffentlich ohne den heute oft üblichen Silberfaden, den man häufig in Sportkleidung findet und der nun mit Umweltschutz wirklich gar nichts zu tun hat – und auch wenn Baumwolle als Trägerfaser selbst in bio-Qualität nicht die ideale Umweltbilanz hat. Auch Bambus ist schon seit einiger Zeit als Textil am Markt und als schnellwachsendes Gras ohnehin ein vielseitiges Produkt in diversen Industrien. Aber Buche und andere Hölzer, deren Filamente jeweils mit untoxischen Lösungsmitteln aus dem Zellstoff gelöst werden, waren auch uns neu und könnten ein spannendes Element für Bioraffinerieprojekte sein.

Kritisch sehe ich jedoch Sojaseide. Bislang ist Soja die einzige pflanzliche Proteinfaser für den Textilen Bereich. Zum Vergleich: Seide und Kaschmir sind tierische Proteinfasern, ebenso wie seit einigen Jahren aus Milchresten das Casein gewonnen und zu Fasern versponnen wird. Proteinfasern wirken antibakteriell und temperaturregulierend und gelten als allergikerfreundlich. Sojaseide wird zwar aus dem Trester gewonnen, der bei der Herstellung von Sojaöl übrig bleibt und somit aus einem „Reststoff“ – aber der Anbau von Soja ist für derart viele Umweltprobleme verantwortlich, dass hier das ‘gute Gewissen’ nicht greift. Und dass hier nur nach strengen Standards angebauter bio-Soja zum Einsatz kommt, ist utopisch – das klappt ja schon bei bio-Leder nicht, dass die Kuh dazu tatsächlich vom Biohof stammt. Liebes Team von umasan, da finden wir doch bestimmt eine Alternative?