Energienutzung im Cascading Economy Modell

Solar-thermischer-Kraftstoff

Dieser Artikel stellt den aktuellen Stand der Forschung im Bereich Solar-thermischer-Kraftstoff dar. Es handelt sich dabei um eine der vielen Innovationen, die die Cascading Economy bestimmen und Teil einer breiten Entwicklung für ein positives Gleichgewicht zwischen Mensch, Wirtschaft und Natur ausmachen.

Hintergrund: Wie wird Sonnenenergie heute genutzt?

Gemäß des Klimaabkommens von Paris haben sich die beteiligten 196 Nationen darauf verständigt, die Erderwärmung auf unter 2 °C zu reduzieren1. Gleichzeitig soll sich der Energiebedarf in den nächsten 40 Jahren verdoppeln2. Um diese Herausforderungen zu bewältigen wurde in den vergangenen Jahrzehnten viel Forschung unter Anderem im Bereich der Solarenergie betrieben, wobei sich die Anzahl der weltweit installierten Systeme von 2007 bis 2017 von 6 Gigawatt (GW) auf 402 GW erhöht hat3. Zeitgleich stellen Kohlenwasserstoffe immer noch die Hauptenergiequelle weltweit dar. Dies ist vor allem dadurch zu erklären, dass sie relativ günstig abbaubar, direkt nutzbar und lange langerfähig sind. Durch die Weiterentwicklung von Batterien werden Kohlenwasserstoffe in bestimmten Bereichen mehr und mehr ersetzt, wie man bspw. im Bereich der Elektromobilität sehen kann. Da die Sonne nicht immer scheint liegt das große Problem darin, dass es aktuell noch keine günstige und langfristig effiziente Möglichkeit gibt diese Energie zu speichern, da die aktuellen Batterien nicht die nötigen Anforderungen an Kapazität und Rezyklierbarkeit erfüllen. Dies könnte sich jedoch in absehbarere Zeit ändern.

Innovation: Von Speicherproblemen zu Solar-thermischer-Kraftstoff

Schwedische Wissenschaftler, um den Forscher Dr. Kasper Moth-Poulsen von der Technischen Universität Chalmers in Schweden, haben eine spezielle Flüssigkeit namens „Solar-thermischer-Brennstoff“ (solar thermal fuel) entwickelt, welche in der Lage ist Energie für bis zu 18 Jahre zu speichern. Alternativ zu Batterien sind solar-thermische-Brennstoffe in der Lage die Sonnenenergie über einen langen Zeitraum zu speichern und bei Bedarf wieder abzugeben. Im Gegensatz zu Batterien, welche elektrische Energie abgeben, emittiert diese Technologie Energie in Form von Wärme, wenn sie durch einen Katalysator aktiviert wird. Im Laufe des letzten Jahres sind dazu vier Paper erscheinen, die diesen neuen faszinierenden Lösungsansatz behandeln. Das Letzte wurde im angesehenen Magazine Energy & Environmental Science veröffentlicht4.

Das Sonnenenergiesystem namens MOST (Molecular Solar Thermal Energy Storage) benötigt außer Sonneneinstrahlung keinen externen Input und arbeitet in einem geschlossenen Kreislauf5. Der Kraftstoff wird mit Hilfe von Sonnenstrahlen aufgeladen. Der Sonnenkollektor ist konkav geformt und hat eine transparente Röhre in der Mitte, durch welche der Kraftstoff fließt. Der Kollektor ermittelt den Verlauf der Sonne und fokussiert die Sonnenstrahlen so, dass diese auf das Rohr treffen. Als Kraftstoff wurden einige photochrome Alternativen identifiziert. Photochrome Stoffe besitzen die Fähigkeit auf Grund von Sonneneinstrahlung eine reversible Umwandlung des Ausgangsstoffes zu ermöglichen, wobei sich dessen physikalische Eigenschaften ändern. Einer der vielversprechendsten Kraftstoffe bildet ein Norbornadien Molekül, welches aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff Atomen besteht. Norbornadien sind bicyclische Kohlenwasserstoffe, welche durch Sonneneinstrahlung und die dadurch hervorgerufenen Neuordnung der Verbindungen ein Valenzisomer, das sogenannte Quadricyclan bilden6. Durch die Sonneneinstrahlung brechen Doppelverbindungen auf und werden zu Einzelverbindungen. Dabei bleibt die chemische

Zusammensetzung gleich aber die physikalischen Eigenschaften ändern sich. Die dabei entstehende energetisch aufgeladenen Version des Moleküls ist stabil und hat kräftige Verbindungen zwischen denen die Energie festgehalten/gespeichert wird. Dies ist auch der Grund warum der Energieverlust beim Abkühlen auf Raumtemperatur minimal und keine Isolierung notwendig ist7. Anschließend kann der Kraftstoff lokal gespeichert werden um weiter im Kreislauf zu zirkulieren oder bei Bedarf dem System entnommen werden. Wird die Energie benötigt, so wird der Kraftstoff durch einen Kobalt-basierten Katalysator gefiltert, wodurch eine Reaktion hervorgerufen wird, welche den Kraftstoff innerhalb weniger Minuten um 63°C erhitzt. Somit kann bei einer Raumtemperatur von 20°C eine Temperatur von 83°C erzielt werden, womit unter anderem Häuser beheizt und Warmwasser zur Verfügung gestellt werden kann. Während diesem Prozess gelangen die Moleküle wieder in ihre ursprüngliche Form zurück und können für einen erneuten Durchlauf verwendet werden. Mit dem verwendeten Kraftstoff ist es laut den Forschern möglich 250 Wattstunden Energie pro kg zu speichern. Dies wäre das Doppelte an Energie was Teslas Powerwall Batterie speichern kann. Auch in Bezug auf eine langfristige Nutzungsdauer sind die Wissenschaftler positiv gestimmt. Der Kraftstoff konnte ohne nennenswerte Verlust 125 geladen und entladen werden.

Potenzial: Energiespeicher der Zukunft?

Um die Theorie zu testen wurde ein funktionsfähiger Prototyp des Systems auf dem Dach der Universität aufgestellt, welcher schon jetzt das Interesse etlicher Investoren auf sich gezogen hat. Aber auch andere Universitäten forschen an dieser Thematik. Eine Studie des MIT untersucht die Möglichkeit solar-thermische-Brennstoffe anderweitig einzusetzen.

Das Projekt Abwärme-Sammel-Batterie beschäftigt sich bspw. mit der Möglichkeit Abwärme die beim Kochen mit einer Chula ‑ traditioneller indischer Kochofen ‑ entsteht zu speichern und anschließend wieder nutzbar zu machen. Die Idee kam, weil ein klassischer Chula Kochofen nur ca. 20-30% der erzeugten Wärme nutzen kann, wobei der Rest hauptsächlich als Strahlung verloren geht. Mit dieser einfachen Batterie kann die Abwärme effizienter genutzt werden, ohne dass dabei in die Kochkultur des Landes eingegriffen wird. Da je nach Region 5-40% der Einwohner Ihre Innenräume und Wasser mit Holz heizen, können durch solche Maßnahmen große Einsparungspotentiale realisiert werden8.

Die Möglichkeiten der Technologie sind noch lange nicht ausgeschöpft. Die Forscher gehen davon aus, dass Temperaturerhöhungen von 110 °C möglich sind, wodurch die Generierung elektrischer Energie möglich wird. Es wird damit gerechnet, dass die Technologie in ca. 10 Jahren marktreif ist9. Durch diese Technik wird Sonnenergie transportabel und eine sinnvolle Alternative zu fossilen Brennstoffen. Durch das Speichern und Transportieren von Sonnenenergie können Energiebedürfnisse überall auf der Welt bedient werden. Wichtig ist, dass die Energie nicht zentral erzeugt und dann auf der Welt verteilt wird, da so Machtkonzentrationen wie sie aktuell bei den fossilen Brennstoffen vorherrschen begünstigt werden. Es bleibt zu hoffen, dass dieses System internationales Interesse erweckt und dezentral umgesetzt wird, um einen wichtigen Schritt hin zu einer demokratische und umweltfreundliche Energiebereitstellung zu realisieren10.

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Quellen:

1 https://www.lpb-bw.de/pariser_klimaabkommen.html

2 https://pubs.rsc.org/en/content/articlehtml/2018/ee/c8ee01011k

3 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/232835/umfrage/weltweit-installierte-photovoltaik-leistung/

4 https://www.eurekalert.org/pub_releases/2018-10/cuot-ees100218.php

5 https://www.forbes.com/sites/trevornace/2018/11/06/scientists-reveal-strange-molecule-that-can-store-suns-energy-for-18-years/#5fc72d2e3483

6 http://www.orgsyn.org/Content/pdfs/procedures/CV6P0962.pdf

7 https://www.sciencealert.com/scientists-develop-liquid-that-sucks-up-sun-s-energy

8 https://tatacenter.mit.edu/portfolio/solar-thermal-fuels/

9 https://www.sciencealert.com/scientists-develop-liquid-that-sucks-up-sun-s-energy

10 https://cleantechnica.com/2019/01/06/turning-solar-energy-into-liquid-fuel/